Wir möchten euch wieder drei Bücher ans Herz legen, die uns inspiriert haben und begleiten. Dieses Mal kommen sie von Christiane Kürschner.
Peter Bieri: Wie wollen wir leben?
„Wie sind nicht die unbewegten Beweger unseres Wollens und Denkens. Wir sitzen nicht als stille Regisseure im Dunkeln und ziehen die Fäden in unserem inneren Drama. Und wir können nicht nach Belieben, ohne Vorbedingungen und aus dem Nichts heraus, darüber bestimmen, was wir denken, fühlen und wollen.“
Ich habe bei Peter Bieri, den viel mehr Menschen unter seinem Schriftsteller-Pseudonym Pascal Mercier kennen, Philosophie an der FU Berlin studiert. Er sagte einmal, dass wir unsere Gedanken so lange bearbeiten müssen, bis sie klar sind wie Diamanten. Was wir nicht einfach und ohne Geschwurbel ausdrücken können, haben wir schlicht nicht verstanden.
Das hat mich tief beeindruckt und seither liebe ich sprachphilosophische Betrachtungen und die Theory of Mind. Meine Abschlussarbeit schrieb ich zum Thema der Erkenntnisqualität: Wie sich eine Birne auf der Zunge anfühlt, wie eine Rose riecht oder sich die Liebe anfühlt – es bleibt doch in uns verborgen, denn wir können Qualia nur umschreiben, aber niemals miteinander vergleichen. Oder? Sagt übrigens so auch Wittgenstein.
Dieses Buch steht stellvertretend für alle philosophischen Bücher, die unser Denken herausfordern und es widmet sich zugleich einer aktuellen Frage: Was sieht gutes Leben aus und was soll das eigentlich sein?
Jean-Paul Sartre: Das Spiel ist aus
Eine Frage, die Peter Bieri lange beschäftigte, war die Frage, ob Dostojewskis Raskolnikov (Schuld und Sühne) anders hätte handeln können. Wir diskutierten in den Seminaren viel darüber und trugen sicher einen Teil (den wichtigsten, wie er uns einmal sagte:-)) zu seinem bekannten Buch „Das Handwerk der Freiheit“ bei. Konnte Raskolnikov anders handeln als er es tat oder ist unser Handeln nicht durch unsere Erfahrungen, genetische Voraussetzungen und äußere Einflüsse determiniert? Das Buch kann ich auch empfehlen, noch mehr geflasht hat mich aber Sartres „Das Spiel ist aus“, wo es um eine ähnliche Fragestellung geht.
Ève und Pierre lernen sich nach ihrem Tod kennen. Andre war vorher französischer Widerstandsaktivist, Ève mit einem Milizsekretär verheiratet. Sie wandeln weiterhin (unsichtbar) auf der Erde, können aber keinen Einfluss auf das Geschehen nehmen und verlieben sich ineinander. Wie sich herausstellt, waren sie eigentlich seit der Geburt füreinander bestimmt gewesen. Als Wiedergutmachung für diesen Fehler im System sollen Ève und Pierre eine zweite Chance erhalten: Sie dürfen als Pärchen zurück in die Realität. Wenn sie es in den ersten 24 Stunden auf Erden schaffen, sich ohne Einschränkungen zu vertrauen und auch bei Schwierigkeiten zusammenzuhalten, dann dürfen sie noch einmal als Lebende von vorne beginnen. Können wir mit unserer Persönlichkeit und Prägung brechen?
Fritz Riemann: Die Grundformen der Angst
„Da sich die großen Ängste unseres Daseins, die so wichtig für unsere reifende Entwicklung sind, nicht umgehen lassen, bezahlen wir den Versuch, vor ihnen auszuweichen, mit vielen kleinen, banalen Ängsten. Diese neurotischen Ängste können sich praktisch auf alles werfen, und sie sind letztlich nur aufzulösen, wenn wir die dahinterliegende Angst erkannt haben und uns mit dieser auseinandersetzen.“
Die Angst vor der Hingabe, die Angst vor der Selbstwerdung, die Angst vor Veränderungen und vor der Notwendigkeit: Die vier Grundformen der Angst beschrieb Psychoanalytiker Fritz Riemann1961, mittlerweile gibt es seine Studie in der 45. Auflage. Jeder Grundform entspricht ein Persönlichkeitstypus, die Riemann in psychoanalytischer Manier vorstellt. Es ist eine spannende Reise, die schizoide, depressive, zwanghafte und hysterische Persönlichkeit kennen zu lernen und mit eigenen Verhaltens- und Denkmustern abzugleichen. Harter Stoff mit großem Erkenntnisgewinn.
Bereits in der Serie „Drei Bücher von …“ vorgestellt:
Drei Bücher von … Marion
Drei Bücher von … Martin
Drei Bücher von … Franziska
Drei Bücher von … Gerhild
Drei Bücher von … Luca
Drei Bücher von … Sabine
Mehr Buchempfehlungen findet ihr auch noch hier in unserer Bücherliste.