»Lust auf Verantwortung!«
„Die kann das sowieso nicht!
Meine Mitarbeiter wollen einfach keine Verantwortung übernehmen!
Dafür werde ich nicht bezahlt!
Das ist nicht meine Baustelle!“
Wahrscheinlich hast du einen dieser Sätze schon mal in deinem Umfeld gehört oder vielleicht sogar schon selbst gedacht. Die Diskussion um Verantwortung findet oft aus ihrem Schwarz-Weiß-Denken nicht heraus. Das wollen wir bei der Freiräume (Un)Conference 2020 ändern!
Wir versuchen, Verantwortung mit einem Gefühl zu verbinden, nämlich der Lust. Genauer gesagt, haben wir den diesjährigen Themenschwerpunkt mit der Schlagzeile Lust auf Verantwortung ausgedrückt. Und durch ein wenig Herumspielen mit der Interpunktion lassen sich damit zwei unterschiedliche Perspektiven ausdrücken, aus denen man sich diesem Thema annähern kann:
- Lust auf Verantwortung? Als Frage formuliert, drückt sie ein Angebot aus. Jemand bietet Verantwortung an und hat die Hoffnung, jemand anderer oder viele andere greifen zu.
- Lust auf Verantwortung! Als Imperativ formuliert, drückt sie einen Wunsch aus. Jemand möchte gerne Verantwortung übernehmen. In vielen Fällen bräuchte es da auf der anderen Seite jemanden, der diesen Wunsch zulassen kann oder ihm sogar positiv begegnet.
*Fragen: Annehmen von Verantwortung
Aus vielen Gesprächen und nicht zuletzt aus unseren eigenen Erfahrungen in der Begleitung von Organisationen haben wir die Wahrnehmung, dass es nicht so leicht ist, Verantwortung breiter in der Organisation zu verteilen. Zugespitzt könnte man formulieren: „Stell’ dir vor, es gibt Verantwortung im Angebot, und niemand greift zu!“
*Fragen: Umgang mit Fehlern
Warum ist das so? Warum können wir in vielen Organisationen beobachten, dass Angebote an die Kolleg*innen, stärker verteilte Verantwortung zu übernehmen, nicht oder nur sehr zögerlich angenommen werden? Wir haben dazu ein paar Hypothesen:
- Viele Menschen verbinden mit dem Begriff “Verantwortung” eher (das negativ konnotierte) “sich verteidigen, sich rechtfertigen” als das (positiv konnotierte)“an der Antwort mitwirken”, also die Anteilnahme am Verlauf hin zu einem Ziel.
- In einer Menge an Organisationen herrscht nach wie vor eine Grundeinstellung zum Thema “Fehler”, die sich mit dem Satz “So etwas gibt es bei uns nicht!” zusammenfassen lässt. Und dann braucht es auch einen Schuldigen, wenn ein Fehler doch einmal vorkommt. Es geht dann los mit dem unseligen Blaming Game: Anschuldigen, verteidigen, rechtfertigen.
- Es fehlt den Mitarbeiter*innen schlicht das gemeinsame übergeordnete Ziel, für das es sich lohnt, sich einzusetzen, und für das es attraktiv erscheint, am Weg dorthin mitzuarbeiten und mitzugestalten, also Verantwortung im positiven Wortsinn zu übernehmen.
- Angebote zur Übernahme von Verantwortung werden durch Mitarbeiter*innen nicht ernst genommen. Zu oft wurde ein Angebot zur Verantwortungsübernahme in der Vergangenheit zurückgenommen, wenn der gewählte Weg der Ausgestaltung nicht den Vorstellungen der Führungskraft entsprochen hatte.
- Es fehlt den Mitarbeiter*innen der Mut, Verantwortung zu übernehmen. Sie spüren zu wenig Unterstützungsangebote in den Fällen, in denen es dann schwierig wird und sie sich mit der übernommenen Verantwortung alleine gelassen fühlen. Oft gibt es zu wenige Momente des gemeinsamen Lernens aus diesen schwierigen Situationen.
- Die Rahmenbedingungen für die Übernahme von Verantwortung sind unklar: Was bedeutet es konkret, Verantwortung zu übernehmen? Was kann ich selbst frei gestalten und wo muss / soll ich andere in meine Entscheidungen miteinbeziehen? Wo endet meine Verantwortung?
*Fragen: Übergeben von Verantwortung
Wenn die eine oder andere dieser Hypothesen in deinem Umfeld zutreffen könnte: Welche Ideen hast du für Ansätze, um die Situation zu verändern?
*In den Boxen haben wir ein paar Reflexionsfragen für dich formuliert, die dir bei deinem Nachdenken behilflich sein könnten.
Wir freuen uns über deine Rückmeldung als Kommentar oder als Nachricht an uns. Und noch mehr freuen wir uns, wenn du die Freiräume (Un)Conference besuchst und dich in einen Dialog zu diesem Thema einbringst!
Freiräume (Un)Conference am 8. und 9. Juni 2020
Selbstorganisation | Ganzheit | Sinn
Schwerpunkte 2020 “Lust auf Verantwortung?” und “Lernen (neu) lernen!”
Gregor Karlinger (LinkedIn) ist agiler Coach und Organisationsbegleiter.
Manuela Grundner (LinkedIn) ist Raumschafferin und Konfliktreglerin. Zusammen organisieren sie seit 5 Jahren die Freiräume (Un)Conference in Graz.