»Schönes Schaffen«
Sie hat einen Instagram-tauglichen Kater, wer sich in gut sortierten Buchhandlungen aufhält, kommt um ihre Illustrationen nicht herum und sie bildete vor einigen Jahren die Berliner Vorhut, die den Oderbruch für sich entdeckte. Wir sprechen mit Illustratorin Kat Menschik über ihre Einstellung zum Arbeiten und das, was zum guten Leben dazugehört.
Liebe Kat, zuerst einmal: Wie geht es dir aktuell? Hat dich die Corona-Pandemie und der Lockdown in deinem Arbeitsalltag beeinflusst?
Wir haben das große Glück und Privileg, in einem Haus auf dem Land wohnen zu dürfen. Alle sind gesund. Wir haben einen großen Garten, unser eigenes Stück Natur. Dort leben wir, arbeiten wir, treffen manchmal Freunde, beobachten Tiere, insbesondere den kleinen zahmen Igel, der jeden Abend vorbeikommt und sich Futter holt, und unsere zwei Katzen. Aus der Natur beziehen wir zur Zeit fast all unsere Kraft und Inspiration.
Außerdem ist immer noch (Spät-)Sommer, das ist schön!
Alles Gründe, dass es meiner Familie und mir wirklich gut geht.
Was seit dem Lockdown komplett weggefallen ist, sind Termine und Lesungen überall im ganzen Land. Ich bemerke (erst jetzt), dass ich das ewige Herumreisen in Zügen und Schlafen in fremden Betten gar nicht vermisse. Plötzlich bin ich viel effektiver in meiner Arbeit, weil ich ganz einfach viel mehr Zeit und Ruhe habe, zu zeichnen und malen. Das genieße ich sehr.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag im Hause Menschik aus?
Es ist sooo schön: Jeden Morgen bringt mir mein Freund einen Kaffee ans Bett!
Dann mache ich fast jeden Tag eine kleine Runde Yoga, manchmal jogge ich ein Stück, dann springe ich in den See oder dusche kalt. Danach bin ich wach. Los geht’s!
Meistens beginne ich dann sofort mit der Arbeit: Mails checken, mal auf Insta und Facebook gucken, ein bisschen Bürokram machen, und dann zeichnen! Einen zweiten Kaffee trinken. Zeichnen. Zeichnen. Zeichnen.
Und dann haben wir uns angewöhnt, abwechselnd Abendessen zu kochen. Dafür nehme ich mir manchmal richtig viel Zeit. Früher mochte ich kochen nicht so gern, weil es immer ein notwendiges Übel war, das ich auch noch neben allem Anderen schaffen mußte. Aber jetzt probiere ich aus, mache zum Beispiel gern auch selber Nudeln, das dauert ziemlich lange, macht aber totalen Spaß…
Oft arbeite ich sogar noch dem Abendessen ein bisschen weiter. Mein Freund ist auch Grafiker, und wir verkrümeln uns gern in unsere jeweiligen Projekte.
Manchmal, logisch, arbeiten wir auch nicht. Dann kommen Freunde zu Besuch und wir quatschen, oder sehen Filme, oder lesen, oder liegen rum. Oder machen nichts! Das ist auch schön!
-
Jakob Hein, Kat Menschik: Kat Menschiks und des Psychiaters Doctor medicinae Jakob Hein Illustrirtes Kompendium der psychoaktiven Pflanzen
Galiani Verlag, 112 Seiten
ISBN: 978-3-86971-261-1
Kommen deine Illustrationen aus dir heraus oder brauchst du die Inspiration von außen?
So kann ich die Frage gar nicht richtig beantworten, glaube ich. Die Bilder kommen immer von innen, ich “lasse mir was einfallen”. Dafür kann ich auf der Gartenbank oder am Schreibtisch sitzen.
Jedoch bin ich ja nur voller Ideen, weil ich mein ganzes Leben lang neugierig auf alles schaue, was ich erlebe: Reisen, Menschen, Landschaften, Architektur, Kunst, Musik. Jede Erfahrung im Leben fließt in den kreativen Prozess ein, ist eine Bereicherung. Insofern ist alles auch Inspiration von außen, die ich dann aber aus dem Gedächtnis abrufe und zu meinen Bildern zusammenfüge.
Würdest du sagen, dass die Illustration deine Berufung oder ein Brotberuf ist, für den zufällig die notwendigen Fähigkeiten hast?
Ich LIEBE meine Arbeit und schätze mich als wahnsinnig reich beschenkt, mit meinem größten Hobby das Geld zum Leben zu verdienen, und darüber hinaus Menschen mit meinen Arbeiten Freude zu bereiten. Es fühlt sich gar nicht wie Arbeit an.
-
Kat Menschik: Essen essen (mehr ist mehr!)
Galiani Verlag, 112 Seiten
ISBN: 978-3-86971-183-6
Der Wiedererkennungseffekt bei deinen Illustrationen ist groß. Wie würdest du deinen Stil beschreiben bzw. benutzt du spezielle Techniken?
Ich zeichne mit Feder und Tusche auf Papier, scanne die Schwarzweiß-Zeichnung ein und bearbeite den Rest am Computer, koloriere und layoute beispielsweise. Diese Technik ergibt einen kräftigen, ja oft harten Strich mit klaren Farbflächen. Das erinnert an Pop Art, oder an den Jugendstil. Ich mag es ein bisschen Retro. Die Ästhetik der 20er- oder 60er Jahre gefällt mir. Ich benutze gern Gestaltungselemente dieser Zeiten. Und alles zusammen ergibt dann meinen Stil, oder Strich. Mit Wiedererkennungseffekt!
Sehe ich das richtig, dass du nie fest angestellt warst? Und wenn ja, war das eine bewusste Entscheidung?
Es hat sich so ergeben. Durch Zufall und Glück hatte ich seit meinem Studium immer Aufträge und genug Arbeit. Ich kam einfach nie in die Verlegenheit, über eine Anstellung nachdenken zu müssen. Ich glaube, ich werde auch langsam etwas schrullig und kann es mir sowieso nicht mehr vorstellen, zu einer festgelegten Zeit in irgendein Büro zu gehen. Ich bin sehr gern allein beim Arbeiten, habe dann den typischen Tunnelblick und brauche niemanden. Deshalb ist es perfekt, wie es ist.
Du lebst in Berlin, hast aber auch Haus und Garten in Brandenburg. Wo kannst du besser arbeiten?
Eigentlich war es mir immer egal: Ich brauche nur meinen Schreibtisch, Feder, Tusche, Papier und ein wenig Computerkram. Ich habe alles doppelt: einmal in der Stadt, einmal auf dem Land.
Aber wie schon gesagt: es ist wunderschön, im Garten zu sein. Und dann einfach ins Haus zu gehen und weiterzuarbeiten.
-
Kat Menschik: Der goldene Grubber
Galiani Verlag, 312 Seiten
ISBN: 978-3-86971-196-6
Was gehört für dich noch zum guten Arbeiten dazu?
Neben dem vorhin beschriebenen selbstbestimmten Arbeiten ist es auch wichtig, mit Menschen umgehen zu können: freundlich zu sein, teamfähig. Damit meine ich, kompromiss- und gesprächsbereit zu sein, bis man ein Resultat erzielt, was den Kunden UND mich zufrieden stellt.
Pünktlich zu sein, ist wahnsinnig wichtig, weil immer noch andere dranhängen, die mit den Bildern weiterarbeiten müssen. Das erfordert Disziplin und Konzentration. Das klingt aber schlimmer, als es ist: denn wie gesagt, ich liebe, was ich mache. Deshalb ist alles Andere gar kein Problem.
Was zählt mehr: Das Ergebnis von Arbeit oder der Weg dorthin?
Bei mir vielleicht das Ergebnis. Den Weg gehe ich einfach. Ich quäle mich nicht. Weil ich weiß, dass ich Ergebnisse abliefern muss – ich bin ja keine freie Künstlerin, eher Dienstleisterin – arbeite ich einfach. Und ich versuche immer, das Beste draus zu machen.
Ganz toll ist natürlich, wenn das Ergebnis einer Arbeit schön wird und alle damit glücklich sind.
Du hast eine erwachsene Tochter 20+ und damit vielleicht ganz gute Einblicke in die Zukunftsvorstellungen von jungen Menschen. Welchen Anspruch an Beruf und Selbstentfaltung nimmst du in dieser Generation wahr? Gibt es Unterschiede zu „früher“?
Bewundernswert finde ich, wie selbstbewusst und stark die Generation meiner Tochter ist. Meine Tochter beschäftigt sich sehr mit Feminismus, Emanzipation und Gleichberechtigung. Aber es geht natürlich auch um Nachhaltigkeit, Klimawandel, Tierwohl. All die großen Herausforderungen unserer Zeit spielen in allen Lebensentscheidungen auch immer mit eine Rolle. Und wie man sie nutzt und damit umgehen kann.
Meine Tochter möchte beispielsweise gar keinen Führerschein mehr machen, ist seit Jahren Vegetarierin und äußerst aufmerksam, was die Nutzung von Ressourcen angeht. Sie studiert mittlerweile auch einen kreativen Beruf und äußert sich in ihren Arbeiten, wie ich finde, schon sehr politisch.
Kat Menschik ist freie Illustratorin, geboren in Brandenburg und aufgewachsen in Berlin. Seit 2002 arbeitet sie regelmäßig für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. In den vergangenen Jahren hat sich das Illustrieren von Büchern als weiterer Schwerpunkt herausgebildet. Ein großer Publikumserfolg war das Gartenbuch „Der goldene Grubber“(2014). Seit 2016 gestaltet sie im Galiani Verlag ihre eigene Buchreihe, zuletzt erschien dort die Neuübersetzung von Alexander Puschkins Pique Dame (2020).