»Sing it out«

  • 30.09.2019
  • von christiane kuerschner
Ein Interview mit Carole Martiné über die Kraft des Singens ...
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Ganz in einen Moment eintauchen und den Kopf freimachen – das geht mit Singen besonders gut. Carole Martiné ist Sängerin und ermöglicht den Teilnehmer*innen ihrer Sessions eine musikalische Inner Journey. Lest mehr darüber in unserem Interview und kommt am 16.11.2019 am besten gleich zu unserem Good Enfants Terribles-Tag, wenn Carole als Speakerin zu Gast sein wird.

Liebe Carole, abgesehen davon, dass du Sängerin bist, singst du auch mit den Menschen in Workshop-Sessions – wie zum Beispiel bei Les Enfants Terribles in der “Ausbildung für gutes neues Arbeiten” oder beim Community-Event GETT. Was macht das mit den Menschen? Und wie muss man sich so eine Session vorstellen?

Also eine Session kann kürzer oder länger sein, von einer Stunde bis zu einem kompletten Wochenende. Es kommen meistens Leute zusammen, die sich nicht kennen und die auch aus ganz verschiedenen Arbeitsgebieten kommen.

Wir machen uns erst einmal mit lustigen, entspannenden Übungen körperlich und stimmlich warm. Es geht hier hauptsächlich um loslassen, sich von einer gewissen Körperenge befreien, sich trauen und Spaß haben.

Auf der selben Art wird dann mit den Stimmen in der Gruppe gespielt, wir erlernen leichte ausgesuchte Songs oder improvisieren Töne zusammen, spielen mit Rythmen, hören wie die Gruppe klingt, wie man selber klingt usw… Es ist alles für alle machbar, auch für Leute die sich vorher nie gewagt haben, einen Ton vor anderen zu singen.

Ich versuche mit meinen Sessions die Menschen zu einer neuen Selbsterkentnnis zu bringen. Sie dürfen sich neu entdecken, laut sein, sich trauen und sie sollen bloß nicht viel denken. Es gibt kein gut oder schlecht, kein Scheitern. Das ist in unserer Gesellschaft, glaube ich, nicht mehr so leicht machbar, aber es klappt! Die Teilnehmer sind nach einer Session voller positiver Energie , einfach “lebendiger”… ! Sie staunen oft, was alles doch möglich ist! Ich denke, sie sind auch ein Stück selbstsicherer geworden. Es entsteht daraus eine schöne Gruppendynamik, jeder ist über seine Grenzen gegangen und hat dem Anderen damit unbewusst vertraut.

Du hast dein Studium der Musikwissenschaften abgebrochen, weil es dir zu theoretisch war und hast dich für eine Ausbildung zur Jazz-Sängerin entschieden. Was hat dir gefehlt? Und was hat dir diese Ausbildung gegeben, was hat sich für dich dadurch verändert?

Es hat sich nach einiger Zeit einfach komisch angefühlt, Musik in einer Universität zu studieren, sie aber nicht zu spielen. Ich wollte spüren, fühlen, hören und nicht nur denken…

Das Jazz-Studium war eine sehr gute Mischung zwischen Theorie und Praxis. Ich konnte an meiner Stimme arbeiten, habe mit Improvisation angefangen und hatte einen Rahmen, in dem ich nach meiner musikalischen Persönlichkeit suchen durfte. Es hat mich dahin gebracht, die Entscheidung zu treffen, professionelle Musikerin zu werden.

Was ist für dich “gutes Arbeiten”?

Gutes Arbeiten bedeutet für mich eine gute Balance finden zwischen Leistung und Spaß, zwischen Körper und Kopf. Es ist eine sehr individuelle Sache und ich finde es wichtig, dass es als solche wahrgenommen wird.

Welchen Stellenwert hat das Singen in deinem Leben und was denkst du, was Singen in uns bewirken kann?

Es wurde viel über die Effekte der Musik, des Gesangs geforscht und es sind sich alle Studien einig: es tut uns gut! Ob körperlich oder geistig.

Im Arbeitsalltag oder Schulalltag wird sehr oft die linke Hälfte unseres Gehirns gefordert. Die Zone des Intellekts, des Verstands. Beim Singen wird im Gegenteil die rechte Zone des Gehirns aktiviert. Es ist die Zone, die unsere Intuition, Kreativität und Fantasie regiert.

Singen befreit im Körper Endorphine, Hormone des Glücks und der Zufriedenheit. Außerdem entsteht der Klang aus einer Vibration der Stimmbänder, die sich dann im Kopf und im Körper ausbreitet. Man gönnt sich eine innere Selbstmassage!

Man atmet besser, man aktiviert neue Muskeln und ist sich körperlich bewusster. Das Ganze hat einen positiven Effekt auf Laune, Stress und sogar die Gesundheit. Für mich ist Singen das A und O, meine tägliche Meditation, mein Sport, mein Raum.

Ich merke es, wenn ich eine Weile nicht gesungen habe, dass etwas in meiner Alltagsbalance fehlt. Ich fühle mich dann beengt und habe schlechte Laune.

Das Singen setzt ganz viel frei, es tauchen Bilder und Gefühle auf, die durch reines Nachdenken nicht da wären. Wäre es deshalb nicht sinnvoll, wenn mehr Menschen singen würden, um ihre Emotionen auf eine andere Art kanalisieren und sich ausdrücken zu können? Wo Dinge unaussprechbar sind, geht es vielleicht mit ein wenig Musik?

Auf jeden Fall! Wir sollten alle singen, und am besten noch zusammen singen! Denn zusammen singen bedeutet zusammen atmen, sich mit den anderen bemühen, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, wo jede Stimme zählt. Zusammen singen begünstigt auch den Dialog zwischen ganz verschiedenen Leuten, das Zuhören, das Teilen…

Hattest du schon einmal solche Erlebnisse?

Das ist eigentlich die Geschichte meines Lebens! ;- ) Was ich nicht sagen konnte, habe ich immer gesungen. Mir wurde auch schon mal in einer Gruppe gesagt, dass ich mit der Session ein Trauma gelöst hatte. Man hatte der Person gesagt, sie kann nicht singen und er hatte sich seitdem nie wieder getraut. Sie war so froh und stolz. Ich freue mich immer sehr, wenn so etwas passiert!

Eines deiner Mottos lautet: „La vie est une chanson, alors chante la!“ – „Das Leben ist ein Lied, sing es einfach!“ Braucht es in unserem (Arbeits-)Leben mehr Freude und Kunst?

Bitte Ja!!! Ich glaube so langsam entsteht ein Bewusstsein für die Ganzheit des Menschen. Wir brauchen viele verschiedene Erlebnisse und haben viele verschieden Bedürfnisse, warum immer alles in Schubladen räumen? Lasst uns Brücken bauen! 



Carole Martiné wurde in Paris geboren und begann mit fünf Jahren Geige zu spielen, der Gedang kam erst mit 16 Jahren dazu.  Sie studierte Musikwissenschaften und wechselte nach drei Jahren in eine Ausbildung zur Sängerin an einer Jazz-Schule, bevor sie anschließend noch zwei Jahre “Musik und Pädagogik” studierte. Carole  spielte bereits in verschiedenen Bands, vom Gospel bis zum Jazz. In Workshops und Kursen vermittelt Sie Menschen die Freude am Singen.

Ihr könnt Carole an unserem nächsten Good Enfants Terribles-Tag am 16.11.2019 kennen lernen, meldet euch sehr gern an!

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