»transparent arbeiten«

  • 15.12.2021
  • von Gastautor*in
  • Lesezeit: 8 Minuten
Transparent arbeiten macht zufriedener - und hilft dem Unternehmen. Dazu schreibt die genossenschaftlich organisierte Agentur Reinblau hier in einem Artikel über ihre Arbeit ...
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Nur wenn Mitarbeitende einen Sinn in dem sehen, was sie tun, werden sie ihr Bestes geben. Schon deshalb setzen wir bei Reinblau im Gegensatz zu klassisch hierarchisch strukturierten Unternehmen, bei denen allzu häufig „Information Hiding“ an der Tagesordnung ist, auf Transparenz. Nicht nur Ziele und Visionen werden gemeinsam definiert. Auch Arbeitsabläufe, Rollen, Kundenprojekte, Finanzierung und Umsätze bis hin zu den geleisteten Stunden jeder und jedes Einzelnen sind stets für alle einzusehen. Diese Ehrlichkeit schafft Vertrauen und Verständnis. Und ist viel besser als Kontrolle.

Interne Transparenz: klare Regeln und Strukturen

„Unser Unternehmen ist transparent.“ Das ist schnell dahingesagt, New Work ist ja hip. Doch wie stellt man sicher, dass alle immer an die Informationen kommen, damit sie wissen, wohin der Hase hoppelt? Bei uns gibt es dank der holakratischen Struktur keine Vorgesetzten, sondern nur Gleichberechtigte, die je nach Expertise verschiedene Rollen ausfüllen. Nahezu sämtliche Mitarbeitenden sind Mitglieder der Genossenschaft. Das macht die Sache schon mal einfacher.

Wir haben einheitliche Stundensätze. Je mehr also jemand arbeitet, desto mehr verdient sie oder er. Und alle wollen, dass Reinblau erfolgreich ist. Dennoch wäre es natürlich Quatsch, wenn sich jede und jeder in sämtliche Entscheidungen außerhalb ihrer Expertise einmischen würde, wie man es von Vorgesetzten in hierarchisch strukturierten Unternehmen kennt. Nicht jede Information ist für alle relevant. Aufgrund der klar verteilten Rollen arbeiten wir auf verschiedensten Gebieten wie Webentwicklung, Service Design, Digital Marketing oder Visual Design. Jede Person entscheidet selbstverantwortlich für ihren Bereich und greift dafür auf die für sie wichtigen Reinblau-Informationen zu.

Nur wenn Entscheidungen getroffen werden, für die Geld ausgegeben werden soll, muss es allen vorab angekündigt werden. Statt blockierender Vetos sind nur begründete Einwände erlaubt. Diese werden diskutiert, was zu einer neuen Bewertung führen kann. Fehler bei Entscheidungen dürfen passieren, weil man daraus lernt. Das nimmt den Druck von den Mitarbeitenden. Das Fehlerrisiko wird durch Zusammenarbeit minimiert – nicht durch Kontrolle.

„Im Arbeitskontext heißt Transparenz für mich, dass ich alle Informationen, die ich brauche, um meine Arbeit im Sinne des Unternehmens und seiner Ziele gut zu machen, bekommen kann und weiß, wo ich sie finde. Transparent sein müssen die Entscheidungen, die getroffen werden, und natürlich die Ziele. Alle Mitarbeitenden wissen dann immer, worum es geht. Bei uns ist Transparenz total wichtig.“
Dietmar, Reinblau-Mitglied

Gemeinsames Lernen und Vertrauen statt Kontrolle

In der Entwicklung machen wir gerne Code Reviews. Das bedeutet, dass eine zweite Person darauf schaut, was eine andere arbeitet. Die Kollegin oder der Kollege wird aber nicht kontrolliert. Vielmehr geht es darum, gemeinsam zu versuchen, die beste Lösung zu finden. Daraus können – und sollen – beide Seiten lernen und die Ergebnisse werden naturgemäß immer besser.

„Die gemeinschaftliche und gegenseitige Fortbildung haben wir sogar als Ziel in unserer Satzung verankert.“
Dietmar, Reinblau-Mitglied

Tools einsetzen – aber richtig

Manche Unternehmen denken, nur weil sie immer mehr Tools einführen und ein Meeting nach dem anderen abhalten, sind sie transparent. Wenn Mitarbeitende aber vor vollendete Tatsachen gestellt werden und sie nicht wissen, warum eine Entscheidung getroffen wurde, helfen Tools und Meetings nicht weiter. Mit Transparenz hat das nichts zu tun.

Selbstverständlich nutzen wir bei der internen Kommunikation auch Tools – aber aus gutem Grund: Die Kolleginnen und Kollegen, die alle remote arbeiten und sich nur drei, viermal im Jahr bei Teamtreffen persönlich sehen, werden stets auf dem Laufenden gehalten. Diese fünf für alle zugänglichen Online-Werkzeuge sorgen für Transparenz:

  • Interner Chat: In diesem geben wir täglich wichtige informelle Informationen weiter. Und beantworten Fragen wie: wer arbeitet, wer nicht? Wer macht Urlaub? An welche Termine muss erinnert werden? Was ist aktuell zu tun?
  • Jira: Für unsere operative Arbeit ist das wahrscheinlich das wichtigste Tool. Alle Aktivitäten werden in Tickets beschrieben, der aktuelle Stand der Umsetzung ist am Status des Tickets ablesbar. Alle können genau verfolgen: was ist geplant, was erledigt? Außerdem tragen die Kolleg:innen für alle einsehbar ihre Arbeitsstunden ein.
  • GlassFrog: Es bildet unsere holakratische Struktur und die Rollen, also Zuständigkeiten, ab. Die Rollen sind sehr flexibel, weil sie sich im agilen Unternehmen immer wieder ändern. Manche fallen weg, andere kommen hinzu.
  • Next-Cloud: Dieses Open-Source-Tool nutzen wir für die gemeinsame Datenablage. Zu finden ist darin beispielsweise, welche Angebote Kunden gemacht worden sind.
  • Internes Wiki: Hier legen wir alle möglichen Informationen ab, wie Projektübersichten, Checklisten und How-To‘s.

Vertrauen muss man lernen

Die Mitglieder unserer Genossenschaft waren zuvor fast alle Freelancer und trafen eigene Entscheidungen für sich. Aber auch für ehemalige Freelancer bedeutet das Prinzip Transparenz einen stetigen Lernprozess. Sich auf Transparenz und eigenverantwortliches Arbeiten einzulassen, ist nicht einfach und braucht Mut und Vertrauen in die anderen. Das fällt manchen leichter als anderen. Unsere Strukturen sollen Vertrauen schaffen und ermöglichen, mit Fehlern umzugehen und daraus zu lernen. Passieren Fehler, geht es darum, sie schnell zu identifizieren und gegenzusteuern, ohne jemanden an den Pranger zu stellen. Denn das hilft niemandem. Wir sind davon überzeugt, dass Misserfolge dabei helfen, besser zu werden.

„Egal ob Freelancer oder Personen aus klassischen Unternehmen: Es gibt Leute, die sich gleich sehr wohl mit unserer Kultur der Transparenz fühlen, während es anderen schwerer fällt. Das Bedürfnis, sich bei jeder Entscheidung abzusichern, ist ganz normal. Es ist nicht einfach zu lernen, Fehler machen zu dürfen.“

Externe Transparenz: Wir wollen den Kunden nichts vormachen

Transparenz nach innen ist nichts wert ohne Transparenz nach außen. Wir bei Reinblau sind bestrebt, zu unseren Kunden so ehrlich zu sein wie möglich. Es geht um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Der Vorteil beim agilen Projektmanagement liegt darin, dass Zwischenergebnisse im Zwei-Wochen-Rhythmus besprochen werden. Läuft etwas aus Sicht des Kunden in die falsche Richtung oder setzt er andere Schwerpunkte, ist es deshalb rasch möglich, die Arbeit neu zu justieren. So kommt es nicht zu unnötigen Konflikten.

„Agiles Arbeiten setzt Integrität und Transparenz voraus und bedeutet viel Kontakt zum Kunden. Er ist immer mit eingebunden und kann sagen, wenn wir eine andere Richtung einschlagen sollen.“
Dietmar, Reinblau-Mitglied

Transparenz als Glücklichmacher

Ob nach innen oder außen: Wir sind fest davon überzeugt, dass Transparenz im Arbeitsalltag essenziell dafür ist, dass Menschen einen Sinn in dem sehen, was sie tun. Sie können Entscheidungen nachvollziehen und sehen, dass sie zu zum gemeinsamen Ziel passen. Mitarbeitende, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren, sind zufriedener und schaffen Vertrauen in die Zusammenarbeit mit den Kundinnen und Kunden.

Was ist „Information Hiding“?

Warum enthalten Vorgesetzte in „klassischen“ Unternehmen den Angestellten Informationen vor, etwa zu Zielen, Entscheidungen und Gewinnen? Weil Informationen eine Art von Währung sind, die benutzt wird, um sich Vorteile zu verschaffen. Verhält sich die oder der Untergebene konform, kann die Belohnung ein Scheibchen mehr Interna sein.

Bei Information Hiding, auch Herrschaftswissen genannt, handelt es sich somit um ein Machtinstrument, das die Hierarchie stützt. Im Nebeneffekt wird verschleiert, dass Ziele von Einzelnen nicht unbedingt zu Zielen des Unternehmens passen.

Information Hiding verhindert also, dass alle Mitarbeitenden zum Wohl des Unternehmens an einem Strang ziehen. Die Folgen sind nicht selten mangelnde Identifikation mit dem Arbeitgeber und Dienst nach Vorschrift.


Dieser Artikel erschien zuerst hier auf dem Blog von Reinblau. Vielen Dank dafür, dass wir ihn teilen dürfen. Und: Reinblau ist mit diesem Beitrag übrigens auch Sponsor des Begriffes „Transparenz“ im New Work Glossar der Neuen Narrative.

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