»enfant terrible! 5 fragen an … annalena«
Wenn man dies auch noch gemeinsam mit Menschen tun kann, die für “dieselbe Sache” auf- und einstehen und wiederum weitere Menschen inspirieren kann, ist das der ultimative Motivationsbooster für mich.
2. Wie sieht für dich „gutes Arbeiten“ aus?
Das Fundament guten Arbeitens ist für mich die selbstverständliche Mitbestimmung und -gestaltung der Arbeitswelt durch die Arbeitnehmenden und derer Interessensvertretungen und zuständigen Gewerkschaften. Dabei sollten wir alle als einzelne Individuen wahrgenommen werden und somit individuell und situativ gefördert und behandelt werden.
Besonders im Bereich der Mitarbeitendenqualifizierung macht gutes Arbeiten für mich aus, wenn den Mitarbeitenden aktiv zugehört und ihr Potenzial erkannt und gefördert wird. Gerade in den Zeiten der Transformation braucht es meiner Meinung nach neue hybride Lernformate, die ein lebenslanges Lernen unterstützen und auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen.
Ebenso sollte in meiner Welt des gutens Arbeitens ein gesundheitsverträgliches Arbeitsumfeld geschaffen werden, indem Themen wie beispielsweise eine präventive Gesundheitsförderung, ergonomische Arbeitsbedingungen und (lebensphasenorientierte) Arbeitszeiten- und Schichtmodelle aktiv weiterentwickelt und umgesetzt werden. Zu guter Letzt fällt in meine Definition guter Arbeit eine angemessene und faire Bezahlung sowie eine Beschäftigungssicherung.
3. Was ist deine Vision, die du als Betriebsrätin erfüllen möchtest?
Als Betriebsrätin möchte ich aktiv die Arbeitswelt von morgen für meine Kollegen*innen im Betrieb nach deren Bedürfnissen mitgestalten. Besonders am Herzen liegt mir dabei das Thema Digitalisierung. Dabei beschäftigt mich insbesondere das Thema Qualifizierung. Hier stelle ich mir die Frage, wie wir das vorhandene Potenzial am Standort nutzen und dieses auch zukunftsorientiert im Sinne der Digitalisierung weiterentwickeln können.
In der Praxis bedeutet das für mich einen Qualifizierungsbedarf zu erheben. Um herauszufinden, welche Kompetenzen bereits vorhanden sind und welches Qualifikationsangebot eigentlich noch im Sinne der Digitalisierung benötigt wird, spielt die Teilhabe der Beschäftigten für mich persönlich die Grundlage überhaupt. Mein Ziel ist es, durch die Beteiligung meiner Kollegen*innen am Transformationsprozess selbst, die Digitalisierung anfassbar, erlebbar und somit mitgestaltbar zu machen.
Neben dem Thema der Qualifizierung beschäftigt mich zudem, inwiefern und inwieweit die Digitalisierung unsere Arbeitsprozesse, Arbeitsmodelle, aber auch unser generelles Verständnis zur Arbeit verändern wird. Dabei ist mir wichtig, die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen, um die gegebenen Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und die potenziellen Gefahren zu erkennen und gemeinsam an Lösungen für deren Bewältigung zu erarbeiten.
Als Betriebsrätin ist es mir dabei wichtig, dass diese Themen innerhalb des Betriebs durch ein Tridem, bestehend aus der Arbeitgebendenvertretung, der Arbeitnehmendenvertretung und aus den Mitarbeitenden selbst, gemeinsam gestaltet werden.
4. Braucht es in Gewerkschaften eine neue Perspektive auf Männlichkeit und Geschlechterrollen?
JA! Da jedes einzelne Mitglied ein Teil der Gewerkschaft und somit die Gewerkschaft selbst darstellt, ist es ganz natürlich, dass diese mehr oder weniger die Gesellschaft widerspiegeln. Da wir leider immer noch in einer Gesellschaft leben, in der Geschlechterrollen und dazugehörige Stereotypen gelebt und auch repräsentiert werden, herrschen auch heute noch in Gewerkschaften meiner Meinung nach (teilweise) “alte” Ansichten, Werte und auch Strukturen.
Persönlich empfinde ich, dass sich dem die Gewerkschaften zwar schon lange bewusst sind, aber viel zu wenig Aufklärung betrieben wird. Zwar gibt es viele Aktionen und Bildungsangebote, beispielsweise zu den Themen Feminismus und Sexismus, es gibt aber meines Wissens kein Angebot, welches sich mit männlich gelesenen Personen und den ihnen zugesprochenen Rollenbildern und Stereotypen beschäftigt.
Hier fehlt es ganz klar an einem Angebot, welches ein neues Verständnis und neue Narrative zum Thema Männlichkeit aufarbeitet. Im Allgemeinen finde ich, dass wir als Gesellschaft endlich weg von Zuordnungen gehen sollten, die nur aufgrund der äußerlichen Erscheinung (Geschlecht, Hautfarbe, Kleidungsstil, Haare, …) getroffen werden, denn wir sind so viel mehr als unsere äußere Hülle!
5. Haben Gewerkschaften und New Work-Aktivist*innen die gleichen Ziele?
Die größte Gemeinsamkeit zwischen New Work-Aktivisten*innen und Gewerkschaften ist für mich das Ziel ein neues Verständnis zum Thema Arbeit und dessen System zu schaffen. Beide Ansätze beschäftigten sich damit, das System von innen heraus zu verändern.
Wobei wir auch schon beim nächsten gemeinsamen Ziel wären: das Individuum an sich und seine Förderung und Entfaltung immer mehr in den Fokus zu rücken. Ebenso geht es bei beiden Gruppen viel um das Thema Verstehen und Reflektieren. Denn nur wenn wir verstanden haben, wie unser System unter welchen inneren und äußeren Bedingungen und Einflüssen funktioniert, sind wir durch das Verstehen und Reflektieren in der Lage, diese auch nachhaltig zu verändern.
New Work-Aktivisten*innen und Gewerkschaftsfunktionäre stehen derzeit vor der gemeinsamen Herausforderung, die Arbeitswelt in Bezug auf die Digitalisierung mit zu gestalten – warum nicht Hand in Hand!
In dieser Serie ist bereits erschienen:
5 Fragen an Isabel Viramo von Roon
5 Fragen an Bernhard Vierling
5 Fragen an Aileen Moeck
5 Fragen an Michael Munke
5 Fragen an Tanja Jacquemin
5 Fragen an Nabil Ranné
5 Fragen an Jana Tepe