»gutes lernen – gutes arbeiten«

  • 07.02.2023
  • von Theo Zichel
  • Lesezeit: 10 Minuten
Wie gelingt eigentlich gutes Lernen? Wie sollte eine zeitgemäße New Work Ausbildung aufgebaut sein? Worauf kommt es dabei wirklich an? Und wie kann eine Organisation als Kollektiv besser lernen?
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Diese Fragen habe ich mir gestellt und um ihnen auf den Grund zu gehen, bin ich mit drei Alumni der Les Enfants Terribles New Work Professional Ausbildung, der sogenannten #zeitenreise, ins Gespräch gekommen. Die Erkenntnisse der Interviews, die daraus entstanden sind, möchte ich gerne mit euch teilen. Eines ist schon mal klar, wir können alle noch viel besser das Lernen lernen.

  • André Kaeding
    André Kaeding
    Agile Coach
    Alumni
    André Kaeding
  • Sorina Becheru
    Sorina Becheru
    Co-Founder, Enabler New Work & Change
    Alumni
    Sorina Becheru
  • Katja Kruschwitz
    Katja Kruschwitz
    Gründerin
    Alumni
    Katja Kruschwitz

Was ist gutes Lernen?

André sieht gutes Lernen immer als “ein Stück weit herausfordernd“, es ist “nicht alles bekannt“, zugleich sollte es aber auch “nicht überfordern”, sondern “irgendwo dazwischen” liegen. Gutes Lernen muss für ihn immer “nützlich” sein, darunter versteht er, dass er danach “die Information oder die Kompetenz” erlangt hat, auf die er mit dem Lernen abgezielt hat.

Für Katja ist das schönste am Lernen, “wie ein Schwamm durchs Leben” zu gehen, denn “man kann aus allem und jedem lernen, auch aus jeder Interaktion”. Wenn sie an das schulische Lernen ihres Sohns denkt, “dann hat das auch viel mit Krampf zu tun, mit auswendig lernen, reinschaufeln und zu einer bestimmten Zeit wieder ausspucken”. Er lernt “im Austausch mit anderen ganz viel”, da ist er ihr sehr ähnlich. Zuhause hinsetzen und büffeln, da hat er keine Lust drauf, “aber wenn er aus dem Unterricht kommt und es spannend” war, dann ist er “wie so ein aufgeladener Gummiball”.

Beinahe “explodiert” er, “weil er so viele tolle Sachen erlebt hat”. Lernen hat für Katja viele Facetten, aber ihre “liebsten sind Beobachten und Austauschen”. Gutes Lernen ist für sie ein “Raum, um auf verschiedene Arten und Weisen lernen zu dürfen”. In diesem Raum wird nicht so sehr “auf Defizite” geschaut. Es geht nicht darum festzustellen, was man alles noch nicht kann. Vielmehr wird auf die eigenen Stärken geachtet und auch überlegt, was überhaupt gelernt werden möchte.

Für Sorina braucht es für gutes Lernen erstmal Zeit, “um überhaupt wahrzunehmen, was man da gerade zu sich genommen hat an Informationen”. Vielleicht gibt es auch “unterschiedliche Formen von Lernen. Ein intuitives Lernen”, welches sie gar nicht bewusst beeinflusst, “sondern in der Situation und aus Verhalten heraus” von ihr und anderen zu lernen. Die andere Form wäre dann das bewusste Lernen. Jemand “möchte vielleicht eine neue Fähigkeit erlernen oder etwas verlernen”, was er/sie bereits einmal gelernt hat. Außerdem braucht es die Möglichkeit der Anwendung für sie, “wenn es ein bestimmtes Fachwissen ist. Sonst versickert es sehr schnell wieder”.

»Ich kann jetzt aber auch kein Grundrezept geben, denn ich finde, Lernen ist etwas ganz Individuelles. Manche müssen das anfassen können, andere müssen es erst auswendig lernen, aufschreiben und dann können sie es hinterfragen und wieder andere gucken es einmal an und haben schon etwas Neues daraus kreiert.«
Sorina

Wie ist das Lernen in der New Work Ausbildung?

In der #zeitenreise, der Les Enfants Terribles Ausbildung zum New Work Professional, “hat das Buddy- und Peergroup-Konzept das Lernen unterstützt”. Für André macht gutes Lernen auch aus,“dass man es nicht allein macht”. Zwischen den Modulen verstreicht immer etwas Zeit, aber durch die Buddys ist er “am Ball geblieben und hat sich verschiedene Aspekte nochmal vorgenommen”.

Er hat es vorher, in anderen Ausbildungen, “nicht erlebt, oder nicht so intensiv erlebt, dass die Teilnehmenden so stark in Interaktion bleiben”, auch über die Ausbildung hinaus. Es ist “immer jemand da, wenn man mal Hilfe braucht”.

»Ich glaube schon, dass das anders ist, dass man so intensiv auf die Gruppe setzt, dass da dann etwas Besonderes entsteht.«
André

Katja entspricht das Lernen in der New Work Ausbildung persönlich, „vorallem weil ja so viel Austausch untereinander passieren darf und soll”. Für sie “hat die Ausbildung genau den Raum den es braucht”, damit sie nach ihrem Bedürfnis lernen kann. Sie kann mit Marion oder Franziska und auch mit den anderen Referenten in den Austausch gehen. “Alle haben es angeboten”.

Katja sieht auch ein “mega plus” darin, dass sie den Austausch mit anderen Teilnehmenden nutzen kann und alle voneinander lernen können. In der New Work Ausbildung gibt es zudem einen “Wissensvermittlungsteil, es gibt verschiedene Methoden, es gibt verschiedene Themen, es gibt verschiedene Bücher”. Es gibt auch Übungen, bei denen man “einfach reinfühlen kann”. Damit man lernen kann, mit „verschiedenen Formen von Persönlichkeit gut zusammenzuarbeiten” braucht es “einen Rahmen der tiefen Austausch und Vertrautheit möglich macht”. Sowas “steht in keinem Curriculum”. Es gibt sozusagen keinen Beipackzettel, auf dem steht: “Wir lernen jetzt andere Menschen kennen”.

Für Sorina ist die New Work Ausbildung “ein Mix aus unterschiedlichen Lernformaten”. Die Teilnehmenden sind “entweder Remote oder vor Ort” in einem “Klassenraum”, profitieren aber zusätzlich noch von dem Buddyformat. “Wo du nochmal das, was du gelernt hast, verarbeiten kannst, mit einer anderen Person im Dialog”. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit “selber wissen aufzubereiten”, indem man sich entweder die Workshopdokumentation anguckt, die Zwischenzeit-Hausaufgaben oder Übungen machst, also “tatsächlich versucht wird das Wissen in Anwendungsfälle umzusetzen”.

»Es hilft eine Community zu haben, in der man den Austausch machen kann.«
Sorina

Wie gelingt das Lernen in Organisationen?

Definition: “Organisationales Lernen bezeichnet den Prozess der Veränderung der organisationalen Wert- und Wissensbasis, um die Problemlösungs- und Handlungskompetenz zu erhöhen sowie den Bezugsrahmen einer Organisation zu verändern”.

André merkt, “dass man mit so ganz basalen und banalen Dingen anfangen muss”, wie z.B. Rollenklärung. Er ist nicht mehr der Moderator oder Protokollant, “sondern wir verteilen das schön und das ist mehr eine gemeinsame Aufgabe dieses regelmäßige Meeting. Das hat ein dreiviertel Jahr gedauert”, bis er da war.

»Nach der New Work Ausbildung kommt man dann vielleicht mit so einer bestimmten Begeisterung. Yes, jetzt ändern wir die Welt! Aber du musst auch sehr wertschätzend und sachte damit umgehen.«
André

Es gibt in seinem Unternehmen “Retrospektiven auf Teamebene” und André ist auf Teamverbund-Ebene tätig. Insgesamt betreut er 14 Teams, als Release Train Engineer. Er hat “die Scrum Master der Teams nicht verstanden und die Scrum Master der Teams haben sich untereinander nicht verstanden”. Daraufhin hat er eingeleitet, dass jeder seinen Ansatz von agiler Arbeit in der Gruppe teilt, “immer angewandt, wie reagiert das mit dem Rest der Teams” und “mit der Umwelt”. Daraus sind “sehr viele Aha-Momente” hervorgegangen. Wichtig für organisationales Lernen und Entwicklung ist für ihn der “Communitygedanke”.

“Man kommt zusammen in einer bestimmten Rolle und wir fangen erstmal an, voneinander zu lernen”. Erstmal muss man “kleine Inseln” schaffen, “wo was möglich ist und dann auch in Terminen und Workshops einen sicheren Raum hat, um etwas auszuprobieren”. Man muss sich klarmachen, dass man “nur mit Angeboten arbeiten” kann. “Ich kann ja nicht mit einem Brecheisen oder Hammer vorgehen”. Irgendwann landet man dann immer bei der Frage, “Was wollen wir eigentlich und wie lernen wir voneinander?”.

Für Katja ist die New Work Ausbildung auch direkt praxisrelevant. Nach einem Wochenende geht sie raus und “kann am Montag” direkt “etwas nehmen und einsetzen”. Manchmal probiert sie ganz konkret etwas Neues aus und manchmal ist es “einfach der Blickwinkel“, der ihr hilft, mit einer Situation neu umzugehen.

»Wir haben Übungen zum rollenbasierten Arbeiten gemacht und ich habe die Woche darauf gesagt: ‘okay lass uns das einfach mal ausprobieren, so wie ich das gerade gelernt habe, die Rolle zu definieren’.«
Katja

Die integrale Sichtweise hat bei ihr “einen anderen Handlungsspielraum aufgemacht, um Situationen zu bewältigen”. In ihrem Arbeitsalltag hat sich für sie dadurch viel verändert, “das Wissen ganz in die Organisation und Struktur mit reinzubringen, kommt sehr auf die Position und Möglichkeiten an”. Sie versucht es gerade “eher so durch die Brust ins Auge”, weil sie nicht in der Position ist, in der sie “klar sagen kann, das will ich machen, lasst uns loslegen”.

Sie hat vor kurzem “eine Community of Practice moderiert” und ein Teilnehmer, “hatte ganz viel Angst”. Da stand die Frage im Raum: “Wenn ich mich hier zu ‘nackig’ mache, in meiner Organisation, mit meinen Vorgesetzten, was heißt denn das dann für mich?”.  Katja sieht daher “die Sicherheit, dass das ein Lernraum ist”, als “essentiell” an.

Sorina hat im Sinne des organisationalen Lernens immer “eine Doppelrolle” inne. Zum einen trägt sie Wissen bei ihr in die Organisation hinein. “All das was ich lerne, beeinflusst Dinge in unserem Team, weil ich davon erzähle, weil ich versuche, Dinge anzuwenden, alleine schon die Entscheidungsmethoden und die Rollenklärung, die wir gelernt haben, anzuwenden“. Wenn sie Kunden berät und dort organisationales Lernen aufzieht, dann nutzt sie z.B. Übungen “wie den Walk-to-Talk”.

Aus der Art, wie die Ausbildung zusammengesetzt ist”, hat sie “auch selber ein Konzept entwickelt für eine Organisation, um gewisse Lernpfade gemeinsam in der Gruppe zu bearbeiten und nachher in Workshops zu gehen”.

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Wobei hat die #zeitenreise am meisten geholfen?

Für André war ein entscheidender Grund für die Ausbildung, “die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle”. Die Ausbildung hat ihm viele Reflexionsübungen geliefert und “es gibt Coachingstunden”, die für ihn “gold wert” sind. Er konnte auch immer wieder die Gruppe für “kollegiale Fallberatung nutzen”.

Auch für Katja hat die Ausbildung “sehr viel klarer” gemacht, wofür sie steht und was ihr wichtig ist “und das dann gestalten zu können”. In der Ausbildung fühlt es sich so an, als würde man “ein Stück weit wie aus dem Nebel raustreten und die Sicht wieder klarer zu haben”.

»Es ist wie eine Schleife, die mir dann noch mehr Selbstwirksamkeit gibt.«
Katja

Sorina möchte “in Unternehmen andere Formen der Zusammenarbeit verankern” und hat für sich mitgenommen, “dass es Menschen gibt, die das lehren und auch anderen Menschen, denen das wichtig ist, dieses Mindset so aktiv zu leben”.

Was ist in der Ausbildung anders?

Bei “anderen Ausbildungen” hatte Katja bisher oft “das Gefühl, da vorne steht jemand, der weiß, wie die Welt funktioniert”. Bei den Les Enfants Terribles ist das nicht so. “Es ist immer ein Angebot”. In der Ausbildung “ist niemand da”, der einem “das Gefühl gibt klein zu sein, weil du irgendwas noch nicht weißt”. Wenn sie eine Frage hatte, dann “ist die nie dumm”. “Es ist von Anfang an ein Raum für gemeinsames Lernen”.

»Du musst kein New Work Experte sein, du kannst aber auch ganz viel über New Work wissen und wirst trotzdem wahnsinnig von der Ausbildung profitieren.«
Katja

Gibt es ein Leben ohne Lernen?

Katja hat dazu eine klare Meinung – “Nein, überhaupt nicht”. Oft hat sie auch “im Bekanntenkreis die Diskussion. Sag mal, bin ich jetzt nicht zu alt zum Lernen?”. Für viele ist Lernen immer noch “voll das Schulding”. “Nein, wir lernen immer. Man lernt mit jeder Interaktion oder Beobachtung”. Die Frage ist für Katja dann eher: “Wie offen sind wir das auch wahrzunehmen oder lassen wir es ein bisschen vorbeirauschen?”.

Für Sorina ist Lernen “eigentlich ein tägliches Doing” – “In jeder Begegnung die du machst als Person entweder mit einer anderen Person oder mit Medien z.B. ob es mit Büchern ist, ob es eine Serie gucken ist, das ist eigentlich total egal. Du kannst eigentlich aus jedem Format, das Informationen oder Situationen verarbeitet, etwas lernen.”

Lernstrategien

Fragt ihr euch, wie ihr euer Lernen selbst verbessern könnt? Vielleicht hilft es euch, einen Blick auf eure Lernstrategien zu werfen. Dabei werden drei Strategien unterschieden (Universität Bielefeld, 2022):

→ Unter kognitiven Lernstrategien werden Wiederholungsstrategien (z. B. wiederholtes Lesen oder Abfragen), Organisationsstrategien (z. B. Mindmaps) und Elaborationsstrategien (z. B. eigene Beispiele) verstanden.

→ Die metakognitiven Lernstrategien umfassen Strategien der Planung (z. B. Formulierung von Zielen), Überwachung (z. B. Formulierung eigener Fragen zu den Lerninhalten) und Regulation (z. B. Anpassung der Lesegeschwindigkeit).

→ Strategien des Ressourcenmanagements werden in internale (z. B. Lernbereitschaft, Zeitmanagement, Fokussierung) und externale Ressourcen (z. B. in Kontakt mit anderen Lernenden treten oder Coaching) unterteilt.

Übung

Nimm dir ein paar Minuten Zeit und finde für dich heraus, welche Lernstrategien für dich am wirksamsten sind. Du kannst dir folgende Fragen stellen:

  • Wie lernst du gut?
  • Welche Lernstrategien wendest du häufig an?
  • Welche Lernstrategien könntest du öfter nutzen?
  • Kannst du besser lernen, wenn du für dich allein ein Buch liest?
  • Oder brauchst du den Austausch und die Diskussion in einer Gruppe?
  • Vielleicht ist auch eine Kombination aus Beidem für die genau richtig?
  • Wie kannst du dir ein gutes Lernsetting schaffen?
  • Wie kannst du Lern- und Reflexionszeiten im Alltag etablieren?

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